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Tag 5 - Tallin

Auf der Internetpräsenz visitestonia.com bekommt man folgende Info: "Tallinn ist die Hauptstadt von Estland und ein ideales Urlaubsziel, wenn Sie den Komfort der modernen Welt, das vielfältige Nachtleben und luxuriöse Abenteuer mit der üppigen Kulturszene und der historischen Umgebung kombinieren und das Beste aus Ihrer Reise machen möchten.

Tallinn wurde im frühen Mittelalter gegründet – heute bietet die Stadt eine aufregende Mischung aus Alt und Neu. Und das ist das Tolle: Da Tallinn so kompakt und grün ist, können Sie in nur kurzer Zeit viel unternehmen und praktisch alles zu Fuß entdecken.

Die Altstadt Tallinns ist eines der weltweit am besten erhaltenen Stadtzentren aus der Hansezeit. Nur einen Steinwurf entfernt finden Sie das Geschäftszentrum der Stadt mit modernen Hochhäusern und Luxushotels, trendigen Stadtvierteln und großen Einkaufszentren."

 

 Kurz vor Sonnenaufgang erreichen wir heute Tallinn. Die Hauptstadt von Estland empfängt uns mit frischen 8°C, aber blauem Himmel und Sonnenschein. So haben wir das gern, und das Frühstück in der X-Lounge haben wir natürlich auch gern. Frisch gestärkt verlassen wir den Kahn und lassen uns mit dem Shuttle gegen 9 Uhr in die Innenstadt bringen. Wir laufen direkt in die malerische Altstadt, und die ist um diese Zeit praktisch noch menschenleer, was wir sehr genießen. Wir bestaunen die Apotheke von 1422, den Rathausplatz, die Stadtmauer mit ihren Türmen und laufen hoch zur Alexander-Newski-Kathedrale. Ein prächtiger Bau, den man besichtigen kann, allerdings leben die russisch-orthodoxen Christen gerade ihre Religion aus. Eine Frau steht in der Ecke und spricht ohne jegliche Betonung Psalme in ein Mikrofon, das macht mich gleich ganz schläfrig. Ich mache ein Foto, und gleich kommt eine Sicherheitsnadel, die mich darauf hinweist, dass hier gar nicht fotografiert werden darf. Die haben wohl Angst, dass sich das viele Gold am Altar zu sehr abnutzt, keine Ahnung. Und wie wir da so stehen und das Treiben bestaunen, kommt der Pope mit seiner Weihrauchkanne um die Ecke, nebelt uns mächtig ein und murmelt etwas unverständliches. In den Genuss kommt jeder, egal ob vor oder hinter dem Absperrband. Blöderweise nehme ich einen Zug voll auf Lunge, nicht sehr witzig. Seinen Segen brauche ich wirklich nicht, ich kann schon auf mich selbst aufpassen. Irgendwie drängt es mich aus der Kirche, wenn ich sehe, wie sehr die Leute hier und heute dieser Form des Glaubens verfallen sind. Jeder kann an das glauben, was er will, das spreche ich niemandem ab, aber mit dieser Religion, die im Grunde seit 2000 Jahren nur nach größtmöglicher Macht über die Menschen strebt, sie klein hält und ihnen das Geld aus der Tasche zieht, damit kann ich nicht viel anfangen, sorry. Gut, von einem Teil des Geldes haben sie diese schöne Kirche gebaut, aber das wars dann auch schon.

Wir machen uns also wieder auf den Weg, noch leicht durch Hustenreiz geplagt. Die Altstadt von Tallinn besteht aus der Ober- und der Unterstadt, wir gehen zu einem Aussichtspunkt in der Oberstadt, der ist aber wegen Baumaßnahmen geschlossen. Macht nichts, dann besteigen wir eben den Turm der Olaikirche. Da gibt es in 60 m Höhe eine Aussichtsplattform, für die man schwindelfrei sein sollte. Auch der Aufstieg über eine recht enge Wendeltreppe ist nicht jedermanns Sache, auf jeden Fall sind die Waden fest wie Stein, wenn man oben ankommt. Aber der Blick von hier oben ist es wert. Wieder unten angekommen, besichtige ich noch die ehemaligen Gefängniszellen des KGB, die museal aufbereitet sind. Nebenbei erfährt man einiges zur Geschichte der Esten. Zwischendrin besichtigen wir noch den Dom, dessen Turm gerade eine nagelneue Kupferhaube bekommen hat, die herrlich in der Sonne glänzt. 

Nach so viel Historie machen wir uns auf den Weg in den neuen Teil von Tallinn, Dorit möchte in der hiesigen Filiale des Kaufhaus Stockmann bummeln. Das ist auch recht nett, kommt aber lange nicht an das in Helsinki heran. Dennoch ist es kein Vergleich zu dem, was wir aus Dresden kennen.

Nunmehr leicht hungrig gelangen wir in die Fressmeile des benachbarten Einkaufszentrums, wo wir uns ordentlich stärken. Es ist Samstag, und dementsprechend viel los, die Esten gehen wohl auch gern bummeln. Und so schlendern wir noch durch einen kleinen Park, gehen wegen eines Fotos bei richtigem Lichteinfall noch einmal in die Oberstadt zur Kathedrale und kehren auf dem Rückweg in ein kleines, aber feines Eiscafe ein, wo man uns mit leckerem Eis verwöhnt. In einem kleinen Laden wird Dorit dann auch endlich klamottentechnisch fündig, keine Kette, sondern alles Unikate hier vor Ort gefertigt  und das zu vernünftigen Preisen.

Da wir nun fast alle Sehenswürdigkeiten in der Altstadt besucht haben und uns die Füße langsam lahm werden, fahren wir gegen 16 Uhr zurück zum Schiff und ruhen uns noch ein wenig in unserer schönen Kabine aus.

Die Kreuzfahrtdirektorin ist recht lahm. Sie macht, wie sich das gehört, jeden Morgen eine Durchsage über die Dinge, die man an dem jeweiligen Tag wissen sollte. Heute kommt diese erst sehr spät, kein Wort von den Shuttlebussen und vor allem bringt sie es nicht fertig, die Ansagen auch in die Kabinen zu bringen, sondern nur auf den Außenlautsprechern und in den Gängen (dem Kapitän gelingt das ja auch). Aber das hatten andere Leute in der Vergangenheit auch schon auf den einschlägigen Medien beschrieben, also kein Grund zur Aufregung. 

Abends plündern wir die Buffets im Anckelmanns und im Gosch, das Essen ist durch die Bank lecker. Der Service lässt hier und da zu wünschen übrig. Auf den Tischen steht ein Ständer, von dem man sich sein Besteck nehmen kann. Wenn er voll ist, sind von jeder Sorte Besteck ungefähr 8 Stück vorhanden. Erfahrungsgemäß sind Messer und Gabeln eher alle, als Kaffeelöffel und Kuchengabeln. Aber es wird nicht nachgefüllt, und so sieht man hungrige Menschen auf der Suche nach Messer und Gabel durch das Anckelmanns streifen. Aber solange es genug zu essen und zu trinken gibt, haben wir ja keinen Grund zu klagen, als Ossi ist man es gewohnt, einen erkannten Mangel kreativ abzustellen.

Direkt vom Essen schleppen wir uns in die TUI-Bar, wo wir von den Jungs jenseits des Tresens vorzüglich betreut werden. Wir plaudern noch ein wenig mit einem Paar aus Schwaben, ein kurzweiliger Plausch mit wenig Tiefgang. Mich strengt das nach so einem Tag an, ich muss bei dem Umgebungslärm genau zuhören und mich dann um eine Antwort bemühen. Dabei möchte ich im Grunde nur friedlich mein Bierchen trinken. Aber ab und an schadet so ein kleiner Smalltalk natürlich nicht.

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