Tag 2 - Seetag

Gestern Abend waren wir ganz unspektakulär im Anckelmanns essen. Wir sitzen gerade, da irrt der Kapitän hilflos mit seinem Teller umher, erkennt uns, kommt an unseren Tisch und fragt, ob noch was frei ist. Da wir nett sind, ist natürlich noch was frei und wir essen in aller Ruhe gemeinsam. So gesehen haben wir unser Käptens-Dinner damit schon am ersten Tag erledigt. Sehr angenehmer Mensch, mit dem man zwanglos über alles mögliche plaudern kann. So fängt die Reise doch gut an. Die Zeit bis zur Seenotrettungsübung überbrücken wir sinnvoll an der Tui-Bar, irgendwie muss man ja den Pegel halten und die Zeit totschlagen. 

Im Anschluss dann die obligatorische SNRÜ, und wie jedes Mal bringen es einige Leute fertig, nicht zur genannten Zeit an der vorgesehenen Musterstation zu erscheinen. Dabei schließen 30 Minuten vorher alle Restaurants und Bars und es kommen gefühlt ein Dutzend Durchsagen, aber manch einer rafft es eben doch nicht.

Das anschließende Auslaufen auf dem Hafen von Palma erleben wir auf Deck 14, die schön erleuchtete Altstadt gleitet fast lautlos an uns vorüber. Die üblichen Bordfotografen laufen umher und möchten (mit der Aussicht, dass später jemand die Fotos kauft) jeden mal fotografieren. Wir lehnen wie immer dankend ab (die Fotos, die uns zeigen will keiner sehen), da giftet deutlich vernehmlich einer der beiden gemeinsam reisenden Herren direkt hinter uns: „Kein Geld zu verdienen mit diesen Leuten“. Du Affe, wenn Du wüsstest, was TUI bis hierhin schon an uns verdient hat...

Heute morgen äußert meine liebe Frau Zweifel, ob denn gestern Abend mein Kopf überhaupt schon auf dem Kopfkissen angekommen sei, als ich nach angeblich 45 Sekunden schon deutlich hörbar geschlafen haben soll. Was soll man darauf antworten, ich weiß es nicht.

Die Nacht vergeht in Grabesstille, das Mittelmeer ist wie ein Ententeich, es sind keine Bewegung des Schiffes spürbar (daher rollen auch keine Taschenlampen durch die Schieber) und so schlafen wir sehr gut.

Zum Frühstück verholen wir uns heute in die X-Lounge (da bleiben die Suiten-Gäste unter sich) und man kann sagen, dass uns das Frühstück dort oben wirklich geflashed hat. Da bleiben nun absolut keine Wünsche offen, es ist schön ruhig, wenn man mag, wird einem alles gebracht und man genießt zudem vom Deck 14 aus einen herrlichen Blick voraus.

Wir faulenzen ein wenig auf dem Pooldeck in einem Strandkorb herum, 11 Uhr sollte in der Außenalster-Bar ein Facebook-Gruppen-Treffen stattfinden, was natürlich nicht zustande kommt, auch nicht schlimm. Mittags füllen wir die Bäuche im Anckelmanns mit allerlei leckeren Speisen.

Nach der Mittagspause lassen wir uns vom Lektor weiterbilden, er erzählt interessante Fakten zu unseren nächsten Häfen. Dann geschwind Kaffee und Kuchen, denn schon 17.30 Uhr begeben wir uns ins Spa, wo wir eine Ayurvedische Massage für Zwei genießen. Es ist die Wonne pur, mehr ist dazu nicht zu sagen. Anschließend schnell auf die Kabine und in Schale werfen, 19:00 Uhr gibt der Jens (also der Kapitän) nebst einigen Offizieren einen Empfang in der X-Lounge (wir erinnern uns, das ist da, wo der Pöbel nicht rein darf :-P). Das ist in der Tat sehr nett und persönlich, jeder wird förmlich per Handschlag vom Kapitän begrüßt, wir sind an der Reihe, ein flottes "Moin, ach Ihr schon wieder" erzeugt schon bei anderen Anwesenden etwas Unverständnis. Der Typ hinter mir in der Reihe gibt unaufgefordert jedem Offizier die Hand und stellt sich vor, dabei interessiert es in Wirklichkeit keine Sau, dass er Uhlemann heißt. Nun ja, jeder gibt halt sein Bestes. Im Anschluss mischen sich die Nomenklaturoffiziere unters Volk und führen Smalltalk. Wir füllen uns Champagner und feinste Häppchen in den Wanst und verdrücken uns beizeiten, das ist nicht unsere Bühne.  Käpten Troier ist an der Tür in ein Gespräch verwickelt, beim rausgehen rufen unser kurzer Handschlag und ein "Man sieht sich, mach nicht mehr zu lange" wieder Stirnrunzeln bei den Umstehenden hervor. Nein, das ist ganz bestimmt nicht unsere Show.

Flink gehen wir zum Essen, wir sind schon völlig ausgehungert. Heute reiten wir in den Fischmarkt ein, der Nachfolger vom Gosch. Wir sitzen mit Christina und Jürgen an einem Tisch und unterhalten uns recht nett. Sie erzählen von all den Kreuzfahrten, die sie schon gemacht haben und im Geiste zähle ich überschlägig die Preise zusammen, irgendwann so um die 100 k€ verliere ich den Anschluss. Es stellt sich heraus, er war Arzt. Also offenbar keiner von denen, die als Allgemeinmediziner 70 Stunden die Woche knuffen und trotzdem nicht über die Runden kommen. 

Vom Fischmarkt sind wir insgesamt enttäuscht; ohne auf Details einzugehen, gegen das Gosch auf den älteren Schiffen sieht die Bude hier keine Schnitte. Das werden wir auch auf dem Feedbackbogen so kommunizieren.

Daher bleiben wir nach dem Verlassen des Fischmarktes auch notgedrungen am Buffet im Anckelmanns kleben und nehmen gewissermaßen noch einen Nothappen. Nun endlich gesättigt schleppen wir uns in die TUI-Bar, wo es Gott sei Dank nach diesem anstrengenden Tag was zu trinken gibt. Erster Eindruck hier: die Truppe kommt nicht an die Bar-Crew von der MeinSchiff 4 ran. Sie sind schnell und auch nett, aber die Stimmung auf der 4 war deutlich besser. Was wirklich erschreckend ist und mich massiv verärgert ist der Umstand, dass kaum jemand ein "bitte" über die Lippen bringt, wenn er ein Getränk bestellt. Die Leute glauben wohl, nur weil sie AI haben, können sie sich wie die Assis benehmen. Wir fühlen uns trotzdem wohl und lästern wie üblich über die anderen Gäste, bevor wir unsere Leiber gegen 23 Uhr Uhr auf die Kabine schleppen.

Das Wetter könnte nicht besser sein: den ganzen Tag strahlend blauer Himmel, 19°C, schwacher Wind bei 10 kt aus NW, keine  Wellen.

Mangels betretbarer Landmasse gibts heute nur ein paar Bilder vom Schiff.

Protokollnotitz: Asiaten können sich entgegen landläufiger Meinung nicht benehmen, zumindest nicht an Bord von Kreuzfahrtschiffen und wenn sie im Verbund auftreten.