Gestern Abend stehen wir auf Deck 14, weil sich ein brauchbarer Sonnenuntergang abzeichnete, der natürlich irgendwie auch mal geknipst werden sollte. Plötzlich wandert die Sonne von Steuerbord nach Backbord, das ist zumindest in dieser Geschwindigkeit ungewöhnlich. Ein Blick aufs Wasser offenbart, dass wir soeben einen U-Turn mit recht wenig Fahrt machen. Hat jemand was in Stavanger vergessen? Na egal, dann wird die Sonne eben jetzt backbord fotografiert. Nach einiger Zeit erfolgt die Durchsage vom Kapitän, eine medizinische Notausschiffung steht an. Wenig später kommt auch schon der Hubschrauber der Küstenwache an, das bekannte Prozedere, Notarzt runterwinschen, Heli steht neben dem Schiff und wartet, Patient transportfertig machen, Notarzt und Patient wieder hochwinschen. Klappt offenbar reibungslos, aber ein anspruchsvolles Manöver ist es für alle Beteiligten, immerhin macht das Schiff 6 kn Fahrt, während der Heli über dem Vorschiff steht. Zum Glück ist kaum Wind und Seegang. Alles Gute dem Betroffenen!
Wir machen es uns in der TUI-Bar gemütlich und sind froh, dass wir bei guter Gesundheit sind. So einen Mist wünscht man keinem! Auf den Schreck gibts jedenfalls erstmal ein Bier und einen Hugo. Wir treffen unsere beiden Schweizer Silvio und Pascal und verplaudern einen netten Abend.
Heute früh schlafen wir in Ruhe aus, frühstücken nach Herzenslust und geben uns dann unseren letzten Spa-Behandlungen hin. Dorit bekommt eine Hot-Stone-Massage, mir verpasst ein großer brauner Teddybär mit gewaltigen Pranken eine perfekte ayurvedische Schulter-Nacken-Kopf-Massage. Im Grunde brauche ich meine Physiotherapie-Termine für meine Schulter, die ich vor dem Urlaub bekommen hatte, fast nicht mehr in Anspruch zu nehmen.
Eine weitere Nachfrage an der Rezeption bezüglich unseres nicht vorhandenen Internetzugangs ergibt, dass die Mail von vorgestern nicht beim IT-Manager angekommen ist. Aber heute ist er persönlich am Ball. Hier gibt es von uns eine glatte Note 6, was das Beschwerdemanagement angeht.
Mittags bedienen wir uns am reichhaltigen Buffet im Anckelmanns. Es ist aber rammelvoll, Seetag eben. Im Anschluss geben wir uns einer ausgiebigen Mittagsruhe hin, Tasse Kaffee und bisschen Obst, Dorit geht zum Maniküre und ich besuche die Kapitänsfragestunde. Hier bekomme ich bestätigt, was wir schon die ganze Reise lang empfunden haben. Der Kapitän rasselt seine Präsentation runter, die Umweltoffizierin spult auch ihr Programm ab, der 2. Chief Engineer, der ebenfalls auf der Bühne steht, hat nur die Funktion eines Platzhalters. Es fehlt ein einfacher Laserpointer. Um etwas zu erklären, wenn man ein Bild mit mehreren technischen Baugruppen des Schiffes zeigt, dann kann man das nicht von weitem verbal tun, dazu brauchts den Pointer. Insgesamt ist das Theater kaum mehr als halbvoll, die Fragen aus dem Publikum sind wenig spannend. Einer beklagt sich, dass vorgestern, als einmal "Starcode“ ausgerufen wurde (der geneigte Leser erinnert sich, dass das der Code für die Besatzung ist, wenn irgendwo jemand medizinische Hilfe braucht), keinerlei Erklärungen fürs Publikum gekommen seien und viele hätten voller Panik das Theater verlassen. Na, was erwartet der der denn? So in der Art vielleicht: „Herr Schiefelbein aus Kabine 9876 hat zu viel Backfisch gegessen und jetzt hat er als Strafe eine Gallenkolik“.
Am späten Nachmittag erkundigen wir uns zum sechsten Mal nach dem Stand der Dinge betreffs unserer gekappten Verbindung zur Außenwelt. An der Rezeption gibt man uns Bescheid, jemand hätte ermittelt, dass das WLAN in unserer Kabine funktioniert. Wir intervenieren nunmehr mit Nachdruck, und so bemüht sich der IT-Supervisor himself zu unserer Kajüte. Wie gerufen funktioniert genau in dem Moment, als er in der Tür steht, grade überhaupt nichts. Da staunt der Supervisor mächtig und findet auch mit seinem Equipment keine Lösung. Er staunt gleich noch einmal, als ich im mit meiner Freeware-App zeige, dass alle sechs APs auf Kanal 11 senden. Das heißt, er staunt am meisten über die App. Am Rande erfahre ich, dass es auf dem Schiff mehr als 800 APs gibt. Da kommt mir das CCD dagegen gleich wie eine Puppenstube vor. Letztlich geht es aus wie das Hornberger Schießen, Internet iss nich und keiner weiß Rat. Wir bitten wenigstens um eine Gutschrift, das kann der Supervisor aber nicht allein entscheiden. Mal sehen, wie es ausgeht.
Nach diesem Schlüsselerlebnis lösen wir unsere Pralinen- und Champagner-Gutscheine ein, nicht dass die uns noch verfallen. Und so ein Champagner kurbelt natürlich die Verdauung an und deshalb streben wir schnurstracks ans Buffet, wo wir uns zum letzten Mal den Ranzen so richtig voll hauen.
Nun ist es an der Zeit, der TUI-Bar noch einmal unserer Aufwartung zu machen.
Bilder gibts heute nicht, weil Hochladen geht nicht. Habe ja meine liebe Mühe, die paar ASCI-Zeichen hier abzusenden.
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Die Hatschis (Donnerstag, 15 August 2019 21:30)
..... und dafür Danke. Wir hatten wieder sehr viel Freude an euren Berichten und Fotos. Darauf nen dicken Drücker. Kommt wieder gut in die Heimat . LG
AT&E (Freitag, 16 August 2019 06:25)
Vielen Dank auch von uns für die Bilder, Eindrücke, Erweiterung des Allgemeinwissens (Starcode) und die sehr gelungene Art, unsere Lachmuskeln bei jedem Bericht ordentlich zu trainieren. Ich hätte noch einen Tipp für den IT-Kollegen: Zettelblock und kleine Schnipsel sollen temporär helfen. :-) Zu Hause wird Olaf die Puppenstube wohl gleich am Montag ereilen... Kommt gut nach Hause.
Ute Flößel (Freitag, 16 August 2019 16:58)
Das sind Erlebnisbericht von der feinsten Art...sehr unterhaltsam und nah am Geschehen...lieben Dank und lasst die Behandlungen von Teddybärhänden noch lange nachwirken und die vielen Eindrücke gut zu Papier bringen...lieben Gruß an euch Seebären mit dann wieder Land- Flug- und DB Bekanntschaften....bis bald