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Tag 8 - Wismar

Die Internetpräsenz https://www.wismar.m-vp.de/ hält für uns folgende Information bereit: "Nach Rostock ist die Hansestadt Wismar die zweitgrößte Hafenstadt Mecklenburg-Vorpommerns. Die UNESCO-Welterbe-Stadt wartet mit einer einzigartigen, aufwendig sanierten und restaurierten historischen Altstadt und vielen Sehenswürdigkeiten auf. Dazu zählen der imposante Marktplatz mit den prachtvollen Bürgerhäusern und der Wasserkunst ebenso, wie das bauliche Ensemble am Alten Hafen. 

Die Stadtsilhouette wird von den drei mittelalterlichen Backsteinkirchen St. Georgen, St. Marien und St. Nikolai geprägt. Viele Namensgebungen und Ortsbezeichnungen weisen auch auf die Zeit von 1648 bis 1803 hin, als Wismar in schwedischem Besitz war. Sehens- und erlebenswert ist in diesem Zusammenhang das alljährlich stattfindende Schwedenfest.

Darüber hinaus bietet die traditionsreiche Hansestadt ein breit gefächertes kulturelles Angebot sowie vielfältige Freizeit- und Shoppingmöglichkeiten. Cafés, urige Kneipen und Restaurants laden zu entspanntem Verweilen und Genießen, Hotels und Pensionen zum Übernachten ein."

 

6.45 Uhr. Scheppernder Lärm reißt uns aus der Nachtruhe. Ja, wir wollen früh aufstehen, aber bitte nicht so früh. Olaf wirft einen kurzen Blick vom Balkon und schließt die Tür dann komplett. So schlummern wir nochmals ein, während der Kapitän unser Schiff an die Pier im Stadthafen von Wismar manövriert. Gegenüber wird Schrott in Eisenbahnwaggons verladen - das war der Lärm.

Als wir dann wenig später aufstehen, um zum Frühstück zu gehen, bemerken wir etliche Schaulustige, die vor dem Zaun stehen und unser Schiff bestaunen. Anfangs finden wir das noch lustig, später fühlen wir uns wie Affen im Zoo. 

Unmittelbar nach dem Frühstück starten wir zu einem kleinen Stadtrundgang. Wir sind uns beide einig, dass wir Wismar noch nie bei Sonnenschein erlebt haben. Immer hat es geregnet oder es war so kalt und ungemütlich, dass wir beizeiten den Rückzug angetreten haben. Nicht so heute. Blauer Himmel, Sonnenschein. 

Da wir uns recht gut auskennen, marschieren wir auf eigene Faust los und gelangen zuerst zur Kirche St. Nicolai. Ein großer, wirklich großer Backsteinbau, dessen Innenleben sehr individuell gestaltet ist. Statt der sonst so häufigen dunklen Bedrücktheit, kann der Besucher dieser Kirche in jeder einzelnen Kapelle andere Dinge entdecken. In einer der ersten befindet sich beispielsweise ein Bücherbasar. Und wer nun denkt, dort nur klerikale Schriftstücke zu finden, weit gefehlt. Vom Krimiklassiker über Koch- und Ratgeberlektüre, bis hin zur Hörspielkassette ist alles vorhanden. Wer sich ein Buch nimmt und kein anderes im Austausch dort lässt, wird um einen Euro gebeten, der dann wiederum für die wöchentliche Beköstigung Bedürftiger verwendet wird.

In einer anderen Kapelle ist eine Kinderkapelle eingerichtet, sehr fröhlich und bunt, in der übernächsten findet man eine Ausstellung zum Thema „Kriege und Kriegsverbrechen“.

Und gegenüber des Bücherbasares finden sich schließlich die Tische für die Tafel-Bewirtung, alles sauber und einladend hergerichtet. Dazu gehört auch eine komplette Küche, sowie sanitäre Einrichtungen. Alles innerhalb der Kirche, teilweise unter der Orgel. Das habe ich so auch noch nicht gesehen.

Nach dem Kirchenbesuch erwähnt Olaf beiläufig den Namen „Foto Manthey“. Na, so ein Zufall. Wir schlendern also durch die noch recht wenig belebten Geschäftsstraßen rund um den Marktplatz und die berühmte Wasserkunst. Direkt gegenüber der ersten Karstadt-Filiale Deutschlands überhaupt, befindet sich besagter Foto-Laden. Wir erinnern uns, dort schon einmal bei Regen unter der Markise gestanden zu haben. Heute bewundern wir zunächst die ausgestellte Hardware im Schaufenster, die schon erkennen lässt, dass das hier keine beliebige Filiale einer namenlosen Kette ist. Und als wir schließlich hineingehen, sehen wir Kameras und Objektive, die man normalerweise nicht so ohne weiteres in einem Geschäft findet. Noch größeres Interesse wecken kleine feine Kompaktkameras von Sony und Panasonic. Ich lasse mir kurz von Olaf die Vorzüge erklären und ehe er es sich versieht, bitte ich die Verkäuferin, mir zwei Modelle zu zeigen. Muss ich noch mehr sagen? Im Ergebnis wandern wir nun beide mit Gurt und Kamera durch die Welt und fangen ein, was nicht schnell genug wegläuft.

Gegen Mittag finden wir uns kurz auf dem Schiff ein, essen eine Kleinigkeit, ehe dann unser Ausflug nach Kühlungsborn und Bad Doberan startet. Aufgrund der immer noch nötigen Hygienemaßnahmen fahren wir mit wenigen anderen Gästen in zwei Bussen zunächst nach Kühlungsborn. Wir haben Glück, unser Reiseleiter, ein gebürtiger Rostocker, macht seine Sache sehr gut. Er zeigt und erklärt viel, aber nicht zu viel und erschlägt uns vor allem nicht mit Zahlen. 

Erster Stopp ist der Bahnhof der Schmalspurbahn Molli in Kühlungsborn Ost. Wir freuen uns, wieder einmal hier zu sein und besteigen die extra für unsere Reisegruppe reservierten Waggons. Beschaulich zuckeln wir nun bis nach Bad Doberan und passieren im Zentrum der kleinen Stadt auch die Stelle, an der wir im letzten Sommer aus dem Zug ausgestiegen waren. Das Wetter war damals ähnlich schön wie heute, so dass wir uns einen Moment Zeit genommen und auf eine Bank gesetzt hatten. Der Zug fuhr ohne uns weiter, wir winkten hinterher und dann hatte Olaf laut gefragt: „Wo ist eigentlich mein Fotorucksack?“ Anschließend sah man zwei Urlauber mit sehr, sehr flinken Schritten dem Zug nachlaufen. Am Bahnhof hatten wir ihn dann eingeholt und der Rucksack konnte geborgen worden.

Heute verläuft alles reibungslos. Wir steigen vom Zug zurück in den Bus und werden direkt zum Münster von Bad Doberan gefahren. 

Führungen gibt es wegen Corona nicht, aber unser Reiseleiter gibt uns draußen noch einige interessante Informationen, ehe wir auf eigene Faust den Innenraum betreten und besichtigen können. Wir sind wie immer sehr beeindruckt und genießen es, das Münster fast für uns allein zu haben. Die offizielle Öffnungszeit ist nämlich schon vorbei, wir haben exklusiv eine Verlängerung bekommen.

Von Bad Doberan aus bringt der Bus uns noch zu einem weiteren Highlight. Im wahrsten Sinne „hell“. Das Grand Hotel in Heiligendamm. Genau. Das mit dem G8-Gipfel. 2007 war das, und unser Reiseleiter weiß zu berichten, dass der berühmte Riesen-Strandkorb, in dem alle damaligen Regierungschefs zum Foto Platz genommen hatten, im Anschluss versteigert worden war für einen guten Zweck. Inzwischen steht er im Garten eines Hotels in Binz auf Rügen. 

Aufgrund guter Beziehungen zum Hotelpersonal, und wohl auch, weil wir eine kleine Gruppe sind, dürfen wir das ansonsten abgeriegelte Gelände betreten und uns umschauen. Nobel. Sehr nobel. Alles in weiß. Man spricht automatisch leiser. Ich schleiche mich etwas abseits davon und kann in einem der seitlich stehenden Gebäude einen Blick in den Speisesaal werfen. Siehe Foto. 

Nach diesem letzten Stopp geht es zurück in Richtung Kühlungsborn. Hier nehmen sich der Busfahrer und unser Reiseleiter noch die Zeit, uns ein bisschen was vom touristischen Teil des Städtchens zu zeigen. Was nichts anderes bedeutet, als mit einem riesigen Bus durch die vergleichsweise kleine Ostseeallee zu fahren. So können wir noch einen Blick auf unsere Herberge des Vorjahres werfen und HÖREN anschließend, wie jemand weiter vorn im Bus jedes, aber auch wirklich jedes einzelne Haus an der Promenade fotografiert. Drei Kilometer lang piiiieeep-klick, piiiieeeep-klick. Schön. Nicht.

Pünktlich kurz vor 19.00 Uhr sind wir zurück am Schiff. Tasche auf die Kabine, Hände waschen, ab zum Abendbrot, denn Auslaufen soll um 20.00 Uhr sein, und da ist uns noch ein besonderes Schmankerl der örtlichen Folkloregruppe versprochen. So sagt es der Kapitän und wir denken, es wird Blasmusik zum Abschied geben. 

Wir essen wir immer im Lido, draußen auf dem Achterdeck. So können wir gut beobachten, wir kurz vor 20.00 Uhr die Hafenmitarbeiter die meisten unserer Schiffsleinen lösen. Das, wie auch unser Essen und alles andere auf und um das Schiff herum, wird die ganze Zeit über von vielen Schaulustigen am Zaun auf dem Pier beobachtet. Wir fühlen uns halb belustigt, halb belästigt. Und dann gibt es plötzlich einen lauten Knall, ein Knirschen, und dann Ruhe. 

Beim Versuch, die portable Gangway hinauf an Bord zu ziehen, haben die Seile am vorderen Teil ihren Dienst verweigert, was das gesamte Teil auf der einen Seite nach unten krachen ließ, während das andere Ende noch an zwei dünnen Stricken senkrecht an der Bordwand hing. 

Alles in allem dauerte die Behebung des Schaden eine gute Stunde. Was genau man schlussendlich mit dem sperrigen, tonnenschweren Teil gemacht hat, wissen wir nicht, wir haben uns zum Fußball in die Hanseatic Atrium verzogen. Abfahrt ist dann erst gegen 21.00 Uhr. Und die versprochene Folklore? Das waren Schützen vom örtlichen Schützenverein, die uns mit Salut verabschieden wollten. Geduldig bis zum Schluss hatten sie gewartet, haben uns dann auch noch mit ihren mitgebrachten kleinen Kanonen hinterher geschossen, allein, es hat wohl kaum jemand zur Kenntnis genommen, da inzwischen fast niemand mehr an Deck war, um das Schauspiel zu würdigen. 

Bei Redaktionsschluss liegt Deutschland mit 0:1 hinten. 

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Kommentare: 5
  • #1

    Die Hatschis (Donnerstag, 24 Juni 2021 05:39)

    Mit Wohlwollen haben wir bemerkt, dass es einen neuen Schreiberling gibt. Dorit du machst das auch richtig gut. Sehr gute Infos , kurzweilig, macht Spaß beim Lesen. Gratulation zur neuen Kamera und immer gute Motive zum Festhalten. Sehr schöne Fotos. Danke

  • #2

    AT&E (Donnerstag, 24 Juni 2021 06:58)

    Leider bin ich jetzt erst zu einem angemessenen Studium eurer Berichte gekommen. Sehr schöne Eindrücke habt ihr da "verdatet". Beim Fotoladen scheint es wie bei Frau Holle und den Broten gelaufen zu sein... Zumindest kann ich gewisse Paralleln erkennen, auch was die letzten Arbeitstage so "hergegeben" haben. Genießt die Zeit und viele Grüße aus Pirna.

  • #3

    Ute (Donnerstag, 24 Juni 2021 07:51)

    Tolle Reiseeindrücke und Fotos machen Lust auf Ostseeurlaub und neugierig auf Euren Pfaden zu wandern. Gab es heute kein lecker Kaffeestopp oder habt Ihr ihn verschwiegen? LG

  • #4

    Dorit (Donnerstag, 24 Juni 2021 11:31)

    Nein, liebe Ute, heute mussten wir tatsächlich zwischen Mittag und Abendessen darben. Ja, geradezu hungern. :-) LG, Dorit
    Und danke auch alle anderen für die lieben Kommentare. :-)

  • #5

    Susie (Samstag, 26 Juni 2021 00:56)

    Lesenswerter berichtet, schöne Bilder. Man merkt, dass Ihr ein richtig gutes Team seid. Der Blog macht echt Spaß!