Gestern Abend lernen wir in der Observation Lounge einen netten jungen Mann kennen, der diese Reise zusammen mit seiner Tante unternimmt. Mit ihm haben wir eine wirklich sehr angenehme und konstruktive Unterhaltung über allerlei aktuelle und vergangene Probleme. Sie ging weit über den sonstigen Smalltalk hier an Bord hinaus. Unter anderem interessierte es ihn wirklich sehr, wie wir aus unserer Sicht die Ereignisse um 1989 erlebt und verarbeitet haben und wie wir uns dabei gefühlt haben. So direkt hat uns das eigentlich noch nie jemand gefragt und es tut uns ein bisschen gut, dass jemand ernsthaftes Interesse an unseren Erfahrungen hat. Leider haben wir ihn nicht schon eher kennengelernt. Als wir uns verabschieden, macht er uns ein großes Kompliment etwa in dem Sinne, dass wir gute Aushängeschilder für Dresden seien. Insofern liegt hier wohl die sprichwörtliche Ausnahme von der Regel vor, wenn ich an meine früheren Ausführungen von Tag 3 erinnern darf.
Ungefähr seit Mitternacht befahren wir nun schon die Elbe stromaufwärts. Wir verschlafen diesen Vorgang friedlich. Gegen 6.30 Uhr machen wir wieder in Hamburg Altona fest. Ein letztes ausgiebiges Frühstück, die letzten Klamotten und die Zahnbürste in die Tasche knären und dann verlassen wir ein wenig wehmütig das Schiff und die Crew, die uns in den vergangenen Tagen einen wirklich schönen Urlaub mit vielen tollen Erlebnissen beschert haben. Wie bei Hapag Lloyd üblich, steht die Führungsriege sowohl der Nautiker als auch vom Hotelmanagement Spalier und verabschiedet jeden Gast persönlich. Da sind sie absolut Old School im besten Sinne. Old School sind sie aber auch darin, dass im Jahr 2022 Internet an Bord (was zuverlässig und in einer für ein Wasserfahrzeug akzeptablen Geschwindigkeit funktioniert hat) nach Zeit abgerechnet wird und auch in der Hinsicht, dass mit jeglicher Buchung an Bord automatisch das Konto des Mannes belastet wird. Frauen haben wohl in dieser Welt kein eigenes Konto, es reicht wahrscheinlich, dass sie gut kochen können und der Herr Doktor bringt das Geld nach Hause. Bei einigen Gästen mag das auch so gewesen sein, aber die waren nun wirklich in der Minderheit.
Im Gegensatz zu unserer vergangenen Reise mit Hapag Lloyd gibt es dieses Mal ausreichend Taxen vor dem Terminal und so fahren wir zum Bahnhof. Bis zu unserer Abfahrt haben wir noch drei Stunden Zeit, die wir in der Umgebung des Bahnhofes abbummeln. Unser Zug fährt pünktlich, im Speisewagen essen wir Lendenbraten mit böhmischen Knödeln und einem halben Liter leckerer Soße, dazu ein frisch gezapftes Bierchen. Mit nur zwei Minuten Verspätung erreichen wir Dresden, wo unser lieber Svern uns am Bahnsteig empfängt und nach Hause kutschiert.
Alles in allem eine sehr schöne Reise, wir haben viel gesehen und mindestens genau soviel gegessen und getrunken. Ein schönes Schiff mit einer Klasse Crew, aber bei dem aufgerufenen Preis sollte man schon was ordentliches geboten bekommen. Dennoch ging es an vielen Stellen über das Selbstverständliche hinaus und das macht eine gute Crew aus. Viel Zeit zum richtig passiven erholen hatten wir nicht, aber das ist bei dieser Art des Reisens auch nicht zu erwarten.
Nun freuen wir uns schon auf die kommende Reise, am 20. September gehen wir wieder an Bord. Bis dahin, vielen Dank für eure Geduld und die fleißigen Kommentare!
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Dini (Donnerstag, 02 Juni 2022 07:30)
Vielen lieben Dank fürs berichten. Es war absolut informativ und unterhaltsam. Besten Dank dafür....
Euch beiden eine angenehme "Wartezeit" bis zur nächsten Reise. Liebe Grüße aus Cottbus