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Tag 2 - Seetag

Gestern Abend sitzen wir noch lange auf unserem wirklich großen Balkon und genießen den Sternenhimmel, den man hier auf dem Meer deutlich besser sehen kann als in der lichtverschmutzten Stadt. Am Horizont sehen wir den Lichterschein von Kopenhagen und Malmö.

Insgesamt fährt das Schiff wie auf Schienen und wir schlafen daher wie die Murmeltiere. Das Frühstück nehmen wir im Anckelmanns zu uns, man merkt, dass wir mit voller Belegung fahren, denn es ist ordentlich voll. Aber wir haben uns ja selbst die Norm versaut mit unseren Reisen auf den kleinen Expeditionsschiffen, es macht eben doch einen gewaltigen Unterschied, ob 2500 oder 160 Passagiere an Bord sind.

Nach dem Frühstück genießen wir unsere Behandlung im Spa, eine schöne Ganzkörpermassage mit Aromaölen. Das ist wirklich sehr entspannend und wohltuend und so wird man gleich zu Beginn der Reise nochmal richtig runter geholt.

Später statten wir der X-Lounge einen Besuch ab (hier kommen nur die Suiten-Gäste rein), ein leckerer Kaffee ist uns grade recht und der Concierge erledigt so ganz nebenbei für uns gleich die nächste Buchung im Spa. Warum soll man denn die Annehmlichkeiten, die man als Bewohner einer Suite hat, nicht nutzen. Und die ist wirklich sehr schön eingerichtet und auch geräumig, allein das Schlafzimmer ist so groß wie eine gewöhnliche Balkonkabine. Ein begehbarer Kleiderschrank, Boxspringbett im Schlafzimmer, Parkettboden, ein großes Wohnzimmer, zwei riesige Fernseher, eine gefüllte Minibar, eine Duschkabine so groß wie eine Waschstraße, Gäste-WC und auf dem Balkon Hochlehner, Liegen und sogar eine Hängematte zeichnen diesen Kabinentyp aus.

Aber es will beherrscht sein. Heute früh gelingt es mir beim besten Willen nicht, dass das Wasser statt aus der Handbrause aus der an der Decke montierten Regenwalddusche kommt. Kein Hebel oder irgendein Verstell-Pinöpsel, nichts (die Älteren werden sich daran erinnern, wie wir zum ersten Mal vor mehr als 30 Jahren vor so einem berührungslosen Wasserhahn gestanden haben, so ähnlich komme ich mir vor). Erst als ich fertig bin mit duschen, werde ich erleuchtet: man muss den Wasserhahn in die andere Richtung drehen. Problem gefixt.

Bevor wir völlig ausgehungert zum Mittag aufbrechen, kommt die Durchsage vom Kapitän, dass wegen eines medizinischen Notfalls eine  Helkopterausschiffung bevorsteht. Das obere Deck wird geräumt, auch die Kabinen im vorderen Bereich und er macht eine klare Ansage (keine Bitte!), dass gefälligst keine Bilder oder Filmchen gemacht werden sollen. Da wir also sowieso aus der Kabine müssen, gehen wir schnurstracks zum Essen, wo dann auch schon nach kurzer Zeit der Heli kommt. Dann das übliche Prozedere: der Notarzt wird herabgewinscht, macht den Patienten transporttauglich und dann wird er zusammen mit dem Patienten wieder hochgewinscht. Zwischendurch meldet sich der Kapitän noch einmal und wünscht allen, die sich seiner Anordnung widersetzt haben, dass hoffentlich die Bilder was geworden sind. Er wirkt leicht genervt. Während wir essen, kommt das Manöver zu einem guten Ende. Der Kapitän meldet sich noch einmal und bedankt sich auf englisch bei seiner Crew für das professionelle Ausfliegen und gibt anschließend in deutsch klar Bescheid, dass ihm so etwas noch nicht passiert sei, wie sich Gäste benommen haben. Er lässt alle unmissverständlich wissen, dass er und niemand sonst das letzte Wort an Bord hat und wer die Crew anschreit oder beleidigt, fliegt im nächsten Hafen von Bord. Ein Freund von klaren Worten und man merkt ihm an, dass ihn solche asozialen Minderbemittelten mächtig auf die Nerven gehen. Aber diese Sorte Menschen begreifen es wohl doch nicht, eben weil sie so sind, wie sie sind.

Nach einem kleinen Verdauungsschläfchen nehmen wir unseren Nachmittags-Kaffee in der X-Lounge zu uns. Hier ist es eigentlich so, wie auf den kleinen Hapag Lloyd-Schiffen überall: ruhig und gediegen. Den Rest des Nachmittags vertrödeln wir mit Müßiggang, denn das können wir besonders gut.

An der Überschaubar gibt es unterdessen den nächsten medizinischen Ernstfall. Aber alles ist perfekt organisiert, nach der bekannten Durchsage "Starcode" gefolgt vom Ort des Geschehens kommen in weniger als einer Minute aus allen Richtungen Crewmitglieder, die offenbar eine Ausbildung als Ersthelfer haben. Hoffentlich ist es nicht ernstes, noch eine Ausschiffung und der Kapitän verliert sein gutes Benehmen.

Edit: tatsächlich muss ein zweiter Gast per Heli vom Schiff gebracht werden. Zwei Mal an einem Tag, das hatten wir noch nicht. Wenn das so weiter geht, sind am Ende der Reise einige Kabinen frei. Wenigstens spielt das Wetter mit, Wind mit ca. 15 Knoten, Sonnenschein, 15°C. Gute Besserung den Betroffenen!

Das bordeigene WLAN liefert ordentliche Performance. Das haben wir auch schon ganz anders erlebt. Entweder haben sie es aufgebohrt, oder es liegt an unserer Kabine :-)

Wir genießen die Septembersonne auf unserem Balkon, natürlich wird es etwas laut, als der Rettungshubschrauber 15 Minuten neben unserer Kabine steht, aber das ertragen wir gern. Hochachtung vor der Crew des Hubschraubers, viel Platz über der Plattform zum winchen ist da nicht wirklich, da muss man das Fluggerät schon ordentlich beherrschen.

Abends essen wir im Gosch auf der Buffettseite, wo allerhand leckere Speisen feil geboten werden und wir honorieren den Fleiß der Köche durch emsiges essen. Der Gurken- und der Kartoffelsalat sind genial, die Garnelen und der Lachs stehen dem in nichts nach und so eine Schwarzbrotschnitte mit frischem Matjes geht ja praktisch immer.

Nach dem Essen landen wir einem bewährtem Muster folgend an der TUI-Bar. Man kennt unsere Getränkewünsche bereits. Anfangs ist es noch recht ruhig, gegen 21 Uhr wird es mächtig voll und die Jungs hinter dem Tresen laufen zu Höchstform auf. Es ist jedes Mal eine Freude zu sehen, wie eingespielt die Leute sind. Keiner, der an die Bar heran tritt, muss länger als zwei Minuten warten, bis er bedient wird. Und so ganz nebenbei wird mir, sobald ich ein Bierchen ausgetrunken habe, ganz unauffällig ein neues zugeschoben. Wenn ich da an die Bar im Morada in Kühlungsborn denke...

Ursprünglich wollten wir 20.15 Uhr ins Klanghaus, es wird ein Jonny Cash Abend geboten. Aber schon 20 Uhr ist es rammelvoll und es stehen noch 30 Leute vor dem Klanghaus. Na gut, dann heute eben keine Kultur. Aber wir waren bemüht.

Wir lassen den Abend gemütlich auf der Kabine ausklingen, morgen wollen wir 6 Uhr auf dem Pooldeck sein, es geht durch die Schären nach Stockholm, was wir uns nicht entgehen lassen wollen.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Die Hatschis (Mittwoch, 21 September 2022 23:31)

    Na da ist ja ganz schön was los bei euch. Langeweile kommt da nicht auf, so mit Flugeinlagen und der ganzen Organisation der Kulinarik. Und zu guter Letzt auch noch Verwöhnprogramm mit Wellness. Klingt richtig gut. Weiter so und das Wetter zeigt sich ja auch von seiner besten Seite. Übrigens wieder sehr schöne Fotos, machen Lust auf Urlaub.

  • #2

    AT&E (Samstag, 24 September 2022 13:26)

    Warum fällt mir bei der Hubschrauber-Kapitän-Nummer sofort jemand ein?
    Die übrigen Zeilen lesen sich wie aus dem Schlaraffenland.
    Genial. Dann weiterhin eine gute Fahrt ohne Notfälle.