· 

Tag 8 -Invergordon

Heute Nacht hat der kräftige Wind deutlich nachgelassen und damit auch der Seegang. Und so erreichen wir fast pünktlich Invergordon. Das ist nur ein kleines Städtchen, was seine Blüte in den 70ern hatte, aber mit der ersten großen Ölkrise ging hier einiges den Bach hinunter.

Bevor wir heute von Bord gehen können, müssen wir die Einreiseformalitäten der britischen Behörden über uns ergehen lassen. Kein EU-Land mehr, kein Schengen-Mitglied, wie im Mittelalter. Das dauert natürlich seine Zeit, wenn ca. 2000 Passagiere das Schiff verlassen wollen und nur zwei Uniformierte zur Kontrolle da sind. Aber schlussendlich werfen die Herren Beamten nur einen flüchtigen Blick in unseren Pass. Ein Niederländer kurz vor uns in der Reihe schießt den Vogel ab und lässt sich von einem der beiden Kontrolleure tatsächlich die Buslinien nach Inverness erklären. Der gibt bereitwillig Auskunft, während sich hinter uns die Schlage staut und seine Olle schon aus der Ferne heftig zu krähen beginnt. Da fragt man sich, was in den Köpfen solcher Leute vor sich geht (zumal direkt vor dem Schiff eine kleine Touristen-Info steht, wo man all das erfragen kann).

Ursprünglich hatten wir einen Ausflug in kleinem Kreis mit Schwerpunkt Fotografie gebucht, da waren aber leider keine Plätze mehr frei. Die anderen von der Reederei angebotenen Ausflüge sind zum einen absolut überteuert und zum anderen auch schon alle ausgebucht. So nehmen wir am Hafenausgang ein Taxi. Es werden verschiedene Rundfahrten angeboten, wir entscheiden uns für die Route nach Loch Ness und Inverness. So haben wir für mehr als 4 Stunden einen Guide und ein Auto ganz für uns allein. Das war zwar unter dem Strich etwas teurer als ein Bus-Ausflug, aber das war es allemal wert. Gefahren werden wir von einem Inder, der hier in zweiter Generation lebt, mit einer Polin verheiratet ist und seine Tochter demnächst nach Paris aufs College schicken will. Deutschland kommt uns in dem Moment sehr klein und etwas spießig vor. Auf jeden Fall erfahren wir von ihm sehr vieles nicht nur über die Sehenswürdigkeiten, sondern auch Geschichten aus dem wahren Leben. So etwas bekommt man nicht in einem Reisebus mit 60 anderen Gästen. Die Konversation zwischen Englisch mit indischem Akzent und Schul-Englisch mit sächsischem Dialekt funktioniert erstaunlich gut.

Zunächst steuern wir Beauly an, eine kleine Stadt in der Nähe und besuchen dort die Beauly Priory. Das ist eine mittelalterliche Klosterruine, die um 1230 erbaut wurde. Die Klostergebäude sind weitgehend verschwunden, die ehemalige Prioratskirche ist noch halbwegs gut erhalten.

Weiter geht es zum Loch Ness, dem zweitgrößten Süßwassersee in Schottland. Er ist 36 km lang und bis zu 240 m tief. An seinem Ufer steht Urquhart Castle, eine Schlossruine aus dem Jahr 1296. Die Geschichte ist sehr wechselvoll, wie wir aus einem Flyer in deutscher Sprache erfahren. Der Eintrittspreis ist kein Schnapper, aber dafür ist die Anlage sehr gepflegt. Das berühmte Monster von Loch Ness bekommen wir zumindest im Wasser nicht zu sehen.

Weiter geht unsere Fahrt nach Inverness, wo wir ein bisschen Freizeit haben und prompt findet Dorit einen Laden, wo es Wollprodukte tatsächlich aus der Region gibt. In den ersten beiden Läden gab es auch herrliche Sachen, zwar nach außen mit der Schottischen Flagge gelabelt, aber bei näherem Hinsehen erwiesen sich die Klamotten alle als Made in China.

Nach der kurzen Pause geht es weiter und wir besichtigen Clava Cairns. Dabei handelt es sich um eine lokal begrenzte Form endneolithischer Megalithanlagen in Schottland aus der Bronzezeit, also über 4000 Jahre alt.

Unterwegs hält Elvis, so heißt unser Guide, immer mal an interessanten Punkten an, wo ich ein Foto machen kann. Die Landschaft ist wirklich herrlich und wir haben noch dazu schönstes Wetter und so können wir die sanften grünen Hügel und dahinter die schroffen und schneebedeckten Berge der Highlands sehen (hier hat es letzte Nacht tatsächlich im Gebirge geschneit).

Nach mehr als vier Stunden setzt er uns im Zentrum von Invergordon ab, wir wollen als Touristen ein paar Pfund hier lassen und irgendwo einen Kaffee und ein Eis zu uns nehmen. Allerdings finden wir nur wenig vertrauen einflößende Asia-Buden und das einzige Cafe öffnet erst 16 Uhr, da müssen wir aber fast schon wieder an Bord sein. Also entscheiden wir uns für Kaffee und Kuchen an Bord.

Bis zum Abendessen trödeln wir einfach so auf unserer schönen Kabine und dann schlemmen wir wieder am Buffet. Blöderweise setzen wir uns in einen Bereich, der eigentlich klar und deutlich heute als Bereich für die Crew ausgewiesen ist, aber in unserer Fressgier haben wir die Aufsteller nicht gelesen. Da sitzen wir nun, peinlich berührt, aber das Geschirr ist nun sowieso eingesaut, da können wir auch sitzen bleiben.

Morgen ist laut Bordprogramm irgendein königlicher Feiertag und alle sollen sich etwas orangenes anziehen. Dazu kann man extra solche Klamotten im Shop kaufen. Da es aber nicht unser König ist, verzichten wir auf die Anschaffung und stellen ein weiteres Mal fest, dass wir nicht die Zielgruppe dieser Shops sind. Und so führen uns unsere Schritte erneut an die eine Bar, wo man versucht, Bier vernünftig zu zapfen. Was soll ich sagen, es ist ein Trauerspiel. Aber die Livemusik, die man hier jeden Abend geboten bekommt, ist schon nicht schlecht und natürlich auch das restliche Publikum, über das wir uns das Maul zerreißen können.

Was uns etwas befremdet ist der Umstand, dass die Reederei jeden Tag den Dresscode für die Abendgarderobe vorgibt, der durchaus auch schon mal elegant sein sollte, aber unten in der Bar haben die Jungs alle nur ein schwarzes T-Shirt an.

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Die Hatschis (Donnerstag, 27 April 2023)

    Mensch war das ein schöner langer Bericht. Habe bis jetzt gelesen �. Und ein Wetterchen… Wahnsinn. Neidisch

  • #2

    Die Hatschis (Donnerstag, 27 April 2023 15:49)

    Da muss ich meinem Süßen recht geben. Ein toller , ausführlicher Bericht. Super Fotos , auch mit euch drauf. Danke lieber Olaf für den Fleiß im Urlaub.

  • #3

    Simmi (Montag, 01 Mai 2023 15:54)

    Ich genieße die Fotos und Berichte erst heute zum Feiertag und hab ab und an das Kopfkino an.
    Tolles Postkarten Wetter! Danke für die gedankliche Mitnahme auf eure Reise.