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Tag 1 Rhön

 

Zunächst vielen Dank für die fleißigen Kommentarschreiber. So etwas belebt die Geschichte ein wenig und gibt mir Feedback, wie mein Geschreibsel bei euch ankommt. Ich kann zwar die nüchternen Besucherzahlen sehen, aber ein paar Worte sind natürlich viel besser. Also, danke und an die stummen Leser, gebt euch einen Ruck ;-)

 

 

Sonntag ist ein guter Tag zum Verreisen und so machen wir uns gegen 9.45 Uhr auf den Weg gen Westen. Da uns dieser aber durch das alljährliche Radrennen mal wieder versperrt ist, müssen wir einen formidablen Umweg absolvieren, der gefühlt die halbe Tankfüllung frisst. Aber das kann uns ja nicht beirren und so erreichen wir kurz nach dem Mittag unser erstes Etappenziel, den großen Inselsberg. Dieser ist uns sehr sympathisch, weil man mit dem Auto fast bis ganz hoch fahren kann. Kurz vor dem Gipfel gibt es einen Parkplatz, die Tagesgebühr ist 5 Euro, was wir für die Lage und den Touristen-Hotspot angemessen finden. Kurz nach uns tritt ein Wessi an den Automaten und wettert wie der Leibhaftige wegen den 5 Piepen und dass „die“ sich hier dumm und dämlich verdienen würden. Ja dann bleib doch in deinem gebrauchten Bundesland, wo ja bekanntlich alle Parkplätze völlig kostenfrei sind, hocken, du geiziges Jackenfutter! Gleich werden wieder alle gängigen Klischees bedient, aber zum Glück sind das Ausnahmen, wie wir später am Tag noch erfahren dürfen.

Der Aussichtsturm ist aus technischen Gründen geschlossen, also muss Plan B herhalten. Nach einem kurzen klärenden Telefonat mit einem lieben Kollegen aus dem südlichen Harzvorland mit Ortskenntnis, kommt das Schließmittel 16 MN zum tragen, und schon nach wenigen Minuten stehen wir auf der obersten Etage des Gebäudes meines Arbeitgebers und wir genießen exklusiv den herrlichen Rundblick.

Natürlich müssen wir auch der Grillhütte auf dem Gipfel einen Besuch abstatten. Vater und Sohn (schon Rentner) bedienen dort absolut fachmännisch den Kohlegrill. Kurz vor dem Verzehr kommen die Würste nochmals nahe an die Glut und sodann wird nach kurzer Zeit tatsächlich mittels Einstechthermometers die Kerntemperatur gemessen. Das Resultat weiß zu überzeugen, um den ersten Eindruck zu verfestigen, wiederhole ich den Prozess ein zweites Mal. Merke: Fleischer Oschmann in Friedrichroda.

Auf dem Weg nach Geisa statten wir noch kurz Dorits neuem Arbeitgeber einen Besuch ab, ein wahrlich beeindruckendes Imperium.

Pünktlich zur Kaffeezeit erreichen wir unser Hotel in Geisa, das Schlosshotel in bester Lage. Die Chefin weist uns den Weg zum einzigen Café im Ort und lässt uns zugleich wissen, dass es ansonsten derzeit keinerlei gastronomische Angebote in Geisa gibt. Gut, dass wir mobil sind.

Das Eiscafé befindet sich im Anbau des örtlichen Baumarktes und jede Kantine strahlt mehr Gemütlichkeit aus. Die Stühle stehen draußen direkt auf dem Parkplatz und sind mit Flatterband gegen den Verkehr abgeschirmt. Aber es gibt keinen Grund zur Klage, Kaffee und Eis sind vorzüglich.

Frisch gestärkt machen wir uns auf zur innerdeutschen Grenze. Das muss am heutigen Tag einfach sein. Wir laufen also den Kolonnenweg entlang genau an der Stelle, wo sich die Grenztruppen der DDR und die Amis am Point Alpha direkt gegenüber standen. Mich erfassen sehr ambivalente Gefühle, zum einen all die Dinge, die sich an dieser Grenze abgespielt haben, die mir eine starke Beklommenheit zum einen und gleichzeitig eine gewisse Wut verschaffen, auch weil es familiäre Berührungspunkte dazu gab, und zum anderen kann es keinen besseren Tag geben, um sich über den Wegfall dieser Grenze zu freuen.

Ich komme ins Gespräch mit einem älteren Herren, es stellt sich heraus, dass er den Funk am Frankfurter Flughafen gemacht hat. Da hat man gleich eine Basis. Wir unterhalten uns angeregt, ein netter Mensch. Später kommt noch ein jüngerer Mann aus Fulda auf uns zu, er absolviert hier gerade die Ausbildung zum Fremdenführer und ist ganz interessiert, weil Dorit den Beobachtungsturm zeichnet und ich mit der Drohne operiere. Auch mit ihm plaudern wir angeregt. Also: Klischees widerrufen.

Wir sitzen noch eine Weile auf der Bank und begeben uns dann auf die Suche nach etwas Futter. Google führte uns nach Hessen, ins Gasthaus „Zum Brunnenfeger“ in Hilders. Die Mama schmeißt den Laden ganz allein, hier ist auch wirklich nichts los. Und so sitzen wir unter der Linde vorm Haus und bekommen einen Brotzeitteller, wie man ihn sich vorstellt. Ein großartiges Abendessen, alles frisch, Wurst vom Metzger vor Ort, vieles selbstgemacht, einfach lecker. Dazu ein kühles Bier und die Welt ist in Ordnung. Auch hier blitzt ganz kurz der Gedanke daran auf, dass wir einfach mal so nach Hessen „rüber“ gefahren sind. Es ist noch nicht so lange her, dass so etwas völlig unmöglich war.

Wir fahren zurück nach Geisa und setzen uns oben auf dem Rasdorfer Berg auf unsere Klappstühle uns schauen zu, wie es nach und nach immer dunkler wird. Und dann bekommen wir einen geradezu unglaublichen Sternenhimmel geboten. Der Sternenpark hält sein Versprechen! Noch dazu gibt es derzeit sehr viele Sternschnuppen, die wir beobachten können. Sehr beeindruckend, in Dresden sieht man grade so eine Handvoll Sterne und hier ist die Milchstraße mit bloßem Auge klar und deutlich zu sehen.

Kurz vor Mitternacht sind wir schließlich wieder im Zimmer, ein anstrengender, aber wirklich schöner Tag.

 

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Die Hatschis (Montag, 14 August 2023 07:15)

    Mit viel Freude deinen Bericht gelesen. Ihr habt ja euren Anreisetag zum Eventtag gemacht und voll ausgeschöpft mit Geografie, Geschichte und Astrologie , nicht zu vergessen die Kulinarik. Ohne die geht’s ja nun gar nicht. Tolle Fotos reingestellt , die unterstreichen eure Ausflüge super. Habt noch eine schöne Zeit.

  • #2

    Carsten (Montag, 14 August 2023 17:33)

    Sehr unterhaltsam und auch wie immer schön geschrieben. Für die Startschwierigkeiten wurdet Ihr ja mit reichlich Sternschnuppen entschädigt. Gestern war das Maximum der Perseiden.
    Wie immer sehr gelungene Aufnahmen

  • #3

    AT&E (Dienstag, 15 August 2023 16:28)

    Kommen leider jetzt erst zum Lesen und wünschen auf diesem Weg nochmals einen schönen Urlaub.
    Schon Blog 1 hat uns mehrfach zum Schmunzeln angeregt. Ich hingegen höre im Urlaub immer nur den Satz, wenn du jetzt deinen Dienstschlüssel mithaben würdest.... Also Daumen hoch für die 16MN, die ich immer vergesse.