Tag 3 Rhön

Nein, liebe Rita, die Hohe Geba kann man getrost von der Liste streichen. Höchstens zum Sterne schauen oder zum funken bietet sich der Ort an, dafür ist er ideal.

Heute Morgen gibt's wieder das volle klerikale Programm, aber nachdem wir wieder eingepennt sind, reißt 20 Minuten später im Hof einer die Simme an. Nach erneutem Einschlafen besiegelt dann schließlich gegen 7.45 Uhr ein amtliches Gewitterchen mit allem, was dazu gehört, unsere Nachtruhe endgültig.

Wir frühstücken in Ruhe und machen uns auf den Weg Richtung Wasserkuppe. Vorher legen wir kurz im REWE an, von den drei Leergutautomaten sind zwei komplett stromlos, und der dritte hat akute Verstopfung. Er wimmert lautstark, aber der Mensch, der Abhilfe schaffen kann, scheint von der Südhalbkugel anzureisen, so lange wie das Ding um Hilfe ruft.

Wir düsen nun aber zur Wasserkuppe und ihr wisst ja schon, in der Rhön führt fast auf jeden Berg eine feine Straße, so auch hier. Der Gipfel ist vollständig erschlossen, Feriendorf, Segelflugmuseum, Flugplatz, Hochseilgarten, diverse Fressbuden. Traditionell gibt es hier schon ewig die Segelfliegerei, und natürlich mag auch das Militär solche schönen Erhebungen. Nach dem Krieg waren zunächst die Amis hier oben, danach die Deutschen. Eines der Radome konnte erhalten werden und wird nun museal und als Aussichtspunkt genutzt. Es stehen auch noch viele Gebäude hier, die teilweise durch die Segelfliegerschule und als Kasernen genutzt wurden. Man kann von zwei Seiten auf die Wasserkuppe fahren und es gibt sehr große Parkplätze. Welch ein Gegensatz zur Hohen Geba, irgendwie so ein Zwischending wäre nicht schlecht.

Wir nutzen die traumhafte Aussicht vom Radom aus, man kann ungefähr 80 km weit schauen. Von da aus machen wir eine kleine Wanderung zum Pferdskopf, von wo aus man einen schönen Blick auf die Wasserkuppe hat. Zurück am Ausgangspunkt trinken wir einen Kaffee und dann brechen wir zum nächsten Ziel auf: dem Kreuzberg bei Bischofsheim. Hier befindet sich ein Franziskanerkloster und auf dem Gipfel stehen die bekannten drei Golgota Kreuze. Nebenbei ein ordentlicher Funkmast für Radio und Fernsehen. Der Sendemast auf dem Kreuzberg stellt mit seinen 227 m das höchste Bauwerk im Regierungsbezirk Unterfranken dar, er ist der zweithöchste Sendemast des Bayerischen Rundfunks und der vierthöchste Sender Bayerns.

Auf der Anfahrt trifft uns fast der Schlag, schon weit vor dem Kloster stehen hunderte Autos auf provisorischen Parkplätzen, der eigentliche riesige Parkplatz ist fast voll (geschätzt 1000 Autos). Ein Blick in den Kalender verrät uns den Grund für den Auftrieb: heute ist Mariä Himmelfahrt. Na gut, wir gehen trotzdem alles anschauen. Ich erklimme sogar die 294 Stufen zu den Kreuzen. Hier oben sind allerdings recht wenig Leute. Als ich wieder runter komme und wir das Kloster anschauen, wissen wir auch warum: die Massen sitzen hier an Biertischgarnituren, fräsen Haxen so dick wie die Oberschenkel von Dinos in sich rein und saufen, was das Zeug hält. So sieht es also aus, wenn die Bayern Mariä Aufnahme in den Himmel feiern. Wir beteiligen uns daran nicht, weder am Feiern noch an dem Gelage.

Auf dem Rückweg zum Auto überrascht uns ein heftiger Schauer, wir stellen uns unter. Es kommt ein junger Mann mit einem Bierkrug in der Hand vorbei, und unvermittelt kommen wir in ein nettes und sehr angenehmes Gespräch. So langsam verstehe ich, auf welche Weise mein Lieblingsautor, Landolf Scherzer, mit seinen Protagonisten ins Gespräch kommt, es ist im Grunde ganz einfach.

Nun nehmen wir unser letztes Tagesziel in Angriff, den 832 m hohen Schafstein. Hier gibt es zum einen zwei riesige Basaltblockmeere und zum anderen auf dem Gipfel einen regelrechten Urwald. Die Straße führt hier leider nicht bis ganz hoch, und der Anstieg vom Parkplatz aus ist wirklich giftig. Aber was wir geboten bekommen, entschädigt uns voll und ganz. Es ist schon kurz vor 18 Uhr, wir sind ganz alleine und die schon tief stehende Sonne taucht die weitläufige Landschaft in herrliches Licht. Der Abstieg ist allerdings auch bei schönem Licht nicht weniger anspruchsvoll als der Hinweg, und heute Abend übermittelt mir mein in Auflösung begriffenes Knie die dringende Botschaft, dass ich doch einen leichten Strandspaziergang machen und nicht so ein Geröllfeld überqueren soll, wenn ich Depp mich schon unbedingt bewegen will.

Auf dem Rückweg nach Geisa legen wir Im Gasthof Ader in Rasdorf an. Hier bekommen wir ein bodenständiges, aber trotzdem sehr gutes Essen zu wirklich bemerkenswerten Preisen (großes Bier 3,40 €) serviert. Da kann man nicht meckern, wir werden wohl morgen noch einmal dort essen. Bemerkenswert ist der Parkplatz gegenüber: hier gibt es einen Wurstautomaten des ortsansässigen Metzgers mit gar feinen Sachen in seinem Inneren und daneben eine automatische, unbemannte Kaufhalle von der Supermarktkette Tegut. Man erlangt über seine EC-Karte Zugang und drinnen gibt es alles, was der Mensch so braucht. Eine feine Sache, die auch angenommen wird.

Zurück auf dem Zimmer gibt es einen leichten Tiefschlag: der Putzi hat heute mitten während der Zimmerreinigung die Segel gestrichen, mit der Folge, dass das Bad zwar sauber ist, dafür sind die Betten nicht gemacht und vor allem haben wir keine Handtücher. Über die Notfallnummer der Rezeption kommt die Chefin herbei, allerdings hat sie eine halbe Stunde Anreise. Selbst gewähltes Elend, aber sie bringt Handtücher und entschuldigt sich in aller Form.