Im Reiseblog von https://viel-unterwegs.de/ erfahren wir folgendes:
"Guernsey ist nach Jersey die zweitgrößte Kanalinsel zwischen England und Frankreich. St. Peter Port ist die Hauptstadt, insgesamt wohnen hier über 62.000 Menschen. Im Mittelalter gehörte die Insel zu Frankreich, was sich auch heute noch in Sprache und Kulinarik widerspiegelt.Guernsey gehört zu den Kanalinseln, die vor der französischen Küste im Ärmelkanal liegen, und ist eine selbstverwaltete Kronbesitzung der britischen Krone. Die Insel ist bekannt für Strandresorts wie Cobo Bay und für ihre Steilküste. Die Burg Castle Cornet wurde im 13. Jahrhundert errichtet, um den Hafen der Hauptstadt St. Peter Port zu schützen, und beherbergt heute Geschichts- und Militärmuseen. Im prunkvoll ausgestatteten Hauteville House lebte einst der französische Schriftsteller Victor Hugo. Die Insel hat einen ganz eigenen Status: sie ist der britischen Krone direkt unterstellt. Das nennt sich dann “Britischer Kronbesitz”. Queen Elisabeth II ist somit das aktuelle Staatsoberhaupt. Damit ist Guernsey weder Teil von Großbritannien noch der EU."
Heute ist der 3. Oktober, der Tag der Deutschen Einheit. Schon denkwürdig für uns, denn wer von uns hätte sich vor 35 Jahren vorstellen können, dass wir im Urlaub mal auf eine der Kanalinseln kommen würden.
Der Tag beginnt mit lockeren Wolken, durch die immer mal die Sonne hindurch scheint. Planmäßig rasselt der Anker gegen 7 Uhr in Richtung Erdmittelpunkt, wie wir später vom Kapitän erfahren, haben wir bei 30 m Wassertiefe 120 m Anker gesteckt, denn entgegen der allgemeinen Annahme hält ja nicht der Anker das Schiff, sondern das Gewicht der Ankerkette. Und hier braucht es davon allerhand, denn 8 m Tiedenhub sind nicht gerade wenig.
Wie gewohnt geben wir uns voller Leidenschaft dem Frühstück hin. Wir haben uns an einen hübschen Tisch mit gutem Ausblick ausgebreitet und unsere Wünsche nach Kaffee und Eierspeisen beim Kellner platziert. Danach geht es zum Bufett. Als ich wieder zu unserem Tisch komme, hat sich dort eine ältere Dame niedergelassen. Ich komplementiere sie so freundlich wie möglich weg, sie ist sichtlich angefressen und leicht pampig. Und schwupp, hat meine Rentner-Liste wieder einen Minuspunkt mehr. Aber das kann uns nicht stressen. Gut gestärkt begeben wir uns zum Sidegate auf Deck 3 und erklimmen das Tenderboot. Auch hier sammelt Hapag Lloyd Punkte, denn es wird nicht etwa gewartet, bis das Boot voll ist, sondern wir starten gerade mit 10 Leuten, damit wir nicht zu lange warten müssen.
Inzwischen ist das Wetter richtig gut geworden, wir haben 15°C und nur kleine Schönwetterwölkchen am Himmel. In der Touristen-Info kaufen Ansichtskarten, Briefmarken und einen kleinen Esel. Die Einwohner von Guernsey bezeichnen sich als Donkeys (Esel), aber nicht etwa abwertend wie im Deutschen, sondern eher als stur, aber beharrlich, gutmütig und zuverlässig. Der kommt ab heute natürlich mit auf das eine oder andere Foto.
Danach durchstreifen wir die Highstreet, die Einkaufsmeile. Die ist hier insofern interessant, dass man auf Guernsey steuerfrei einkaufen kann. Entsprechend ist das Sortiment der Läden, zu deren Zielgruppe wir nur bedingt gehören. Wir bummeln noch durch die eigentliche Altstadt und kommen dann zu Candy Garden. Das ist eine sehr gepflegte Gartenanlage aus dem Jahr 1894, hier steht auch der älteste Ginko Europas (das lesen wir erst, als wir wieder auf dem Schiff sind und konnten ihn daher nicht bewusst bestaunen).
Danach geht es wieder hinunter ans Wasser, wo wir der Stadtkirche einen Besuch abstatten. Hier soll heute ein Konzert stattfinden, einer der Musiker vom Schiff und ein ortsansässiger Künstler werden es ausgestalten, daher ja auch der Untertitel „Musikreise“ für unsere Tour.
Natürlich muss Castle Cornet besucht werden. Eine recht umfangreiche Festungsanlage, die dem Hafen vorgelagert ist und zum Schutz der Insel dienen sollte. Die Ursprünge gehen bis ca. 1230 zurück, die Anlage wurde immer wieder erweitert und ist sehr interessant. Im Gegensatz zu gestern ist der Eintritt mit 11 Pfund pro Person moderat und unser keiner Donkey erregt gleich Aufsehen und Freude, es gibt gleich ein bisschen Smalltalk mit den Angestellten. Wir erkunden die Anlage ausgiebig, man hat von vielen Stellen aus einen schönen Blick auf die Stadt und den Hafen. Guernsey war im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen okkupiert und natürlich haben wir in Castle Cornet unsere unrühmlichen Spuren in Form von Geschützstellungen aus ewigem Beton hier hinterlassen. 80 Jahre alt ist der Mist und sieht aus wie neu. Die Bahn muss derzeit abertausende Betonschwellen an ihren Gleisen wechseln, vielleicht sollten die in alten Büchern mal nach der Rezeptur des Betons für den Atlanktiwall suchen. Im Übrigen bleibt zu erwähnen, das die Noon Gun tatsächlich jeden Tag exakt um 12 Uhr abgefeuert wird (leider waren wir nicht dabei), zumindest zwischen Ostern und Ende Oktober. Eine nette Tradition.
Nach so viel Kultur brauchen wir auch eine leibliche Stärkung in Form von Scones, Torte, Kaffee und einem Bierchen. Der Körper nimmt es klaglos an. Aber natürlich fressen wir viel zu viel, und zur Strafe ereilt mich wenig später höllengleiches Sodbrennen. Man ist irgendwie nicht lernfähig.
Um nun aber das Klischee zu erfüllen, machen wir in einem klassischen Uhrengeschäft auch noch den bewussten steuerfreien Umsatz und eine hübsche Armbanduhr wechselt die Besitzerin.
Schließlich ist es an der Zeit, zum Schiff zurück zu kehren, wo wir doch ziemlich fußlahm ankommen und erst einmal eine kleine Pause einlegen. Lange dauert die nicht, denn pünktlich kurz vor 18 Uhr heißt es Anker lichten. Das Aufnehmen der 120 m Ankerkette ist offenbar alles andere als trivial, es dauert eine ganze Zeit und immer wieder muss das Schiff in die richtige Position gebracht werden, vermutlich um etwas Zug von der Kette zu nehmen. Dabei knurrt die Ankerwinde ordentlich und außerdem läuft der Bugstrahler volle Bude, der Stromverbrauch dürfte dem LI ein bisschen Puls verschafft haben. Aber unser Fernseher mit dem Bild der Vorauskamera bleibt an, also kanns nicht so schlimm gewesen sein. Als Überraschung gibt es heute eine Flurparty, das bedeutet, die Kabinenwiesel stehen mit Champagner vor der Tür und alle sollen in diesem Moment, so wie sie sind, also gern auch mit Lockenwicklern, vor die Kabine treten, anstoßen und sich mit ihren Kabinennachbarn bekannt machen. Ich will einfach nur mal 10 Minuten schlafen, also blenden wir uns von dieser Veranstaltung aus.
Als sich die Lage auf dem Flur entspannt hat, gehen wir zum Abendessen. Tatsächlich bin ich aber völlig überfessen und ich muss mich quälen, aber es schmeckt einfach alles zu gut und so nehme ich von vielem nur eine kleine Portion. Ausnahmsweise ist kein Tisch im Außenbereich mehr frei, und so sitzen wir drinnen, wo wir nicht im Wirkungsbereich unseres lieben Kellners Goran sind. Dennoch hat er uns im Augenwinkel und als ich meinen Käseteller vor mir habe, bringt er mir meinen Portwein, sehr zur Verwunderung der umsitzenden Gäste. Es ist einfach schön.
Kurzatmig wie wir sind, schleppen wir uns anschließend in die Observation Lounge zu einem Absacker, aber alt werden wir heute nicht mehr, zumal heute die Uhren wieder eine Stunde vorgestellt werden und wir schon gegen 4 Uhr in die Schleuse vor Canes passieren und das bedeutet, dass der Bugstrahler arbeitet, und der wohnt vier Decks unter uns und lässt uns an seiner schweren Arbeit teilhaben.
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Carsten (Dienstag, 03 Oktober 2023 23:17)
Ach ja, schön wars da. Das ist der einzige nachteil an Kreuzfahrten, das zum wirklichen kennenlernen der Ziele einfach nicht genug Zeit bleibt. Schön, dass in Guernsey offensichtlich noch alles beim Alten geblieben ist. Das mit dem Esel wussten wir nicht, passt aber sehr gut.
Die letzten Tage waren bei uns ,wie man jetzt so sagt, stark strukturiert,so dass ich erst heute zum lesen gekommen bin, sorry.
Aber alles sehr nett und unterhaltsam wie immer.
Die Hatschis (Mittwoch, 04 Oktober 2023 07:17)
Liebe Wagners, das mit Eselchen ist angekommen. Wieder sehr interessant und kurzweilig berichtet, wie immer schön bebildert. Schöne Weiterfahrt .
Franz (Mittwoch, 04 Oktober 2023 17:28)
Da fühlt man sich doch ein bisschen an Edinburgh erinnert. :)
Susanne (Mittwoch, 04 Oktober 2023 21:48)
Da möchte ich auch gerne mal hin. Dorit, eine Leseempfehlung: "Die Rosenzüchterin" von Charlotte Link. Ganz viel Guernsey-Geschichte. Extrem spannend geschrieben.
Simmi (Mittwoch, 04 Oktober 2023 22:06)
Immer einen aufmerksamen Blick für ausgefallenen Dinge. Klasse Dachrinnen Konstruktion
.... Na und der Briefkasten ist ja auch amüsant anzusehen. Dankeschön und weitere erlebnisreiche Tage.