Mit gewohnt qualitativ hohem Niveau werden wir pünktlich 8 Uhr zu Hause von unserem Sverni abgeholt und los geht‘s zum Bahnhof. Alles geht reibungslos, Zug kommt, wir nehmen unsere Plätze ein und wir fahren pünktlich los. Bemerkenswert ein weiteres Mal ist die Tatsache, dass so ein Doppelstockzug zwar mit weniger Wagen mehr Fahrgäste befördern kann, aber eben auch Nachteile hat. So muss man seinen Koffer stets Treppen nach oben oder nach unten wuchten. Was man dem Doppelstockzug nicht zur Last legen kann ist der Umstand, dass die Ablagefächer für die Koffer genau 4 cm zu klein für einen handelsüblichen und daher wahrscheinlich nach DIN-Maßen hergestellten Koffer sind. Die Designer fahren augenscheinlich nicht so oft mit größerem Gepäck in der Bahn.
Als erstes meldet sich der Zugbegleiter und kündigt unseren nächsten Halt in Elsterwerda an. Das nimmt mich wunder, denn wenn man nach Leipzig will, geht es eigentlich nicht über Elsterwerda. Wie sich zeigt, möchte die Bahn wohl zu hohe Nutzung auf der direkten Strecke vermeiden und zeigt uns daher, wie schön es in Elsterwerda ist. Dort dauert es eine Weile, schließlich muss der Triebfahrzeuführende den Zug herunterfahren, ans andere Ende schlappen, den Zug wieder hochfahren um dann in entgegengesetzter Richtung über Gröditz nach mehr als einer Stunde in Riesa auf die direkte Strecke zu kommen. Das ist im Fahrplan auch tatsächlich so vorgesehen. In der Zeit hat man allerdings die halbe Strecke mit dem Fahrrad zurück gelegt.
Inzwischen ist die Zugbegleiterin zur Kontrolle der Fahrausweise eingetroffen und im Nachbarabteil fallen Reisepläne wie Kartenhäuser in sich zusammen, weil die Anschlüsse in Leipzig jetzt schon mehr als eine Stunde Verspätung haben.
In Leipzig steigt ein junger Mann ein und nimmt hinter mir Platz. Sogleich beginnt er am Laptop intensivst zu chatten und malträtiert dabei seine Tastatur aufs äußerste, wobei das in dem Fall eher eine Hacktatur ist. Es ist auf Dauer gesehen sehr nervig. Die Menschen sind nicht mehr in der Lage, mal eine halbe Stunde aus dem Zugfenster zu schauen, ein Buch zu lesen oder einfach mal ´ne halbe Stunde zu ratzen.
In Magdeburg ist Personalwechsel und nun macht eine junge Dame die Durchsagen im Zug. Sie bittet vor jedem Bahnhof, man möge auf seine Sach- und Wertgegenstände achten und nun frage ich mich, was ein Sachgegenstand sein könnte. Hinzu kommt, dass das Täubchen eine derart schrille Stimme hat, dadurch klingen die Durchsagen wie eine Kreissäge. Darauf angesprochen, ob man die Lautstärke manuell reduzieren kann, kommt ein nein, ist alles automatisch. Auf die Idee, sich das Mikrofon 20 cm weiter weg vom Schnabel zu halten und nicht so zu brüllen, kommt sie nicht.
Pünktlich erreichen wir Hannover. Die Bahn-App weist mich schon seit heute früh darauf hin, dass unser Regionalexpress sehr voll werden würde und ich solle doch Platzkarten kaufen. Blöd nur, dass keiner der App gesagt hat, dass man im Regionalexpress gar keine Reservierungen machen kann. Und es ist wirklich ein Graus: die Bahnsteige viel zu schmal, unendlich viele Menschen, kaum ein Durchkommen mit unseren Koffern. Wer die Wahl hat, wird wohl über kurz oder lang beim Auto bleiben und nicht auf die Bahn umsteigen.
In Hannover haben wir fast eine Stunde Aufenthalt, und so setzen wir uns vor dem Bahnhof in die Sonne, wo wir einen Happen essen und einen Kaffee trinken. Unglücklicherweise ist heute hier Christopher Street Day, es ist wahnsinnig viel los und was wir zu sehen bekommen, brennt sich nachhaltig in unsere Hirne ein. Ein jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden, mit wem er mag. Das ist uns völlig gleichgültig. Aber was uns stört, dass wir hier zum Teil auf sehr unästhetische Weise so aggressiv damit konfrontiert werden, ohne dem aus dem Weg gehen zu können. Ich meine, ich renne ja auch nicht im Netzhemd und mit String bekleidet über den Altmarkt, um allen mitzuteilen, dass ich hetero bin.
Auch unser Regionalexpress ist pünktlich, in Bremerhaven ergattern wir das letzte freie Taxi vor dem Bahnhof und so sind wir 16.45 Uhr im Hotel. Das macht einen guten Eindruck, wir stellen die Koffer ab und machen uns auf den Weg zum alten Hafen. Der ist sehr schön gestaltet, wir trinken einen Kaffee, schlendern durch den Hafen und trödeln dann in Richtung Restaurant am Theaterplatz, wo wir ein recht leckeres Abendessen serviert bekommen. Allerdings merkt man auch hier die Spuren von Corona und den Personalmangel.
Nach dem Essen nehmen wir noch einen Absacker am Hafen, machen noch ein paar Fotos und gehen zurück zum Hotel, wo wir auf den Vizemeister Stuttgart anstoßen.
Wie ihr bemerkt habt, begleitet uns mal wieder ein blinder Passagier, es ist Eddi Erdnuss.
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Die Hatschis (Sonntag, 19 Mai 2024 08:20)
Liebe Wagners, danke für die Urlaubseinstimmung. Kommt gut an Bord und grüßt den Eddi. Der ist so knuddelig. Gut das ihr den einen Tag früher losgefahren seid, wenn ich so eure Schilderungen der Bahnreise höre. Also habt eine gute Zeit , wir freuen uns auf eure Berichte.